St. Urban

Ende des 12. Jahrhunderts wurde das Kloster St. Urban gegründet. Zu dem Zweck holte die Gründerfamilie, die Freiherren von Langenstein, den Orden der Zisterzienser in die Gegend des Oberaargaus, die für ihr Können gerade in der Landwirtschaft berühmt waren. Die innovativen Mönche begannen kurz darauf, Ziegel und Backsteine herzustellen. Ihre Spezialität wurden grossformatige und verzierte Keramikstücke, die sie während rund hundert Jahren herstellten.1

Hintergründe aus Geschichte und Archäologie

Im Sommer 1194 errichteten die drei Adligen Werner, Lüthold und Ulrich von Langenstein, Vorfahren der Grünenberg, eine Stiftung, um damit in ihrer Gegend ein Kloster anzusiedeln. Sie wandten sich an das Generalkapitel des Zisterzienserordens in Cîteaux. Nach der Prüfung durch zwei Äbte stimmte der Orden zu, und als Mutterkloster Grosslützel entsandte zwölf Mönche zusammen mit dem ersten Abt Konrad von Biederthan (Abt von 1194 bis 1212). Damit übernahm die Abtei Lützel auch die «Mutterschaft» für den jungen Konvent. Für den Zisterzienserorden ist diese Abhängigkeit typisch: Anders als bei zentralistischen Orden übernehmen die Mutterklöster die Verantwortung für ihre Tochterniederlassungen. Damit ergab sich ein flexibles pyramidenförmiges System, das man Filiation nennt.

Die Mönche liessen sich in Chlyrot (bei Obersteckholz) nieder. Allerdings erwies sich dieser Ort für ein Kloster als wenig geeignet: Auf der Anhöhe fehlte vor allem das fliessende Wasser. So machten sich die Brüder schon nach einem Jahr auf die Suche nach einer besseren Stelle und fanden sie im nahen Thundwil an der Rot: Dort besass Ritter Arnold von Kapfenberg zwei Höfe – Ober- und Niederthundwil –, und die Langensteiner bewegten ihn dazu, den einen Hof den Mönchen zu schenken. In der Einsamkeit von Niederthundwil stand damals nur eine kleine Kapelle, die dem Märtyrerpapst Urban I. geweiht war. Weil die Mutter Gottes Schutzpatronin für alle Zisterzienserklöster war, hiess das neue Kloster «Monasterium Beatae Mariae de Sancto Urbano» (Kloster der heiligen Maria von Sankt Urban). 1195 war die erste bescheidene Anlage fertiggestellt. Verschiedene Landschenkungen vergrösserten den Besitz des Klosters, und die technisch geschickten Mönche begannen, auf ihren Ländereien Wässerungssysteme anzulegen. Davon zeugen noch heute die Wässermatten im Langeten- und im Rot-Tal.

Nach einer ersten Altarweihe 1200 oder 1201 wurde bald ein Neubau des Klosters St. Urban in Angriff genommen. Unter Ulrich I. (Abt 1246–1249) wurde mit dem Kreuzgang begonnen, 1259 erfolgte die Einweihung durch Diözesanbischof Eberhard II. von Konstanz. Wahrscheinlich war ein Teil der Klosteranlage bereits mit einem neuen Baustoff hergestellt, nämlich mit Backsteinen. Die nötigen Fertigkeiten waren anderswo überliefert, und auf den jährlichen Versammlungen der Äbte – dem Generalkapitel in Cîteaux – konnte sich der Abt von St. Urban jeweils bei seinen Kollegen informieren.

Der Orden der Zisterzienser (lat. Sacer Ordo Cisterciensis)2 hat seinen Namen vom französischen Kloster Cîteaux südlich von Dijon, das 1098 von Robert von Molesme (um 1028–1111) gegründet wurde. 1108 erhielt der Orden unter Stephen Harding seine liturgische und ordensrechtliche Verfassung (Charta Caritatis) und wurde damit selbständig. Die Verfassung basierte auf den Ordensregeln von Benedikt von Nursia (480–um 560). Harding aber verlangte eine Rückkehr zu den benediktinischen Werten der Armut und der Weltflucht. Die Zisterzienser waren also ein Reformorden. Schon unter Harding kam es zur Gründung eines weiblichen Ordenszweiges. Besonders prägend für die Entwicklung des zisterziensischen Denkens war der heilige Bernhard von Clairveaux (um 1090–1153). Angehörige des Ordens werden deshalb auch Bernhardiner und Bernhardinerinnen genannt. Die Betonung der Handarbeit – «bete und arbeite» (lat. «ora et labora») – führte zu grossen Leistungen auf den Gebieten der Landkultivierung, der Vieh- und der Fischzucht. Zisterzienser tragen – als äusserliches Unterscheidungszeichen zu den «überbordenden» Orden – ein wollenes weisses statt eines schwarzen Gewandes. Daher kommt auch der Name «die weissen Mönche».




1 Text nach Wenger, Lukas: Neue St. Urban-Backsteine nach altem Vorbild, in: Jahrbuch des Oberaargaus, Band 41, Merkur Druck, Langenthal, 1998. 239-241. Up

2 Der Orden der Zisterzienser im Internet: http://www.ocist.org/. Up