Grünenberg zwischen Bern und Habsburg

Vortrag von Lukas Wenger, gehalten an der Hauptversammlung des Historischen Vereins des Kantons Bern1 vom 20. Juni 1999 in Melchnau.

Die Familie von Grünenberg – neue Beziehungen in den Aargau und zu Habsburg

Jufer 1994: Stammtafel Grünenberg 3In eine andere geographische Richtung verschlägt es Konrad, den Bruder von Heinrich III. Er heiratet Adelheid von Ramstein und kommt so zur Herrschaft Binzen, im Rheinknie nördlich von Basel gelegen. Beziehungen ergeben sich somit zur Stadt Basel, zum aargauischen Adel und auch zu Habsburg.

Das Haus Habsburg war vom 13. bis zum 15. Jahrhundert zum mächtigsten Geschlecht im schweizerischen Raum emporgestiegen. Als Albrecht I. von Habsburg 1298 Nachfolger seines Vaters Rudolf I. wird, führt er dessen Territorialpolitik fort. Für die Grünenberger wird die Lage schwieriger, als es Albrecht gelingt, seine entfernten Vettern, die Grafen von Neu-Kyburg, auf seine Seite zu ziehen und die ausgedehnten Güter der Freiherren von Eschenbach im Berner Oberland zu erwerben.

Mord 1308 an König Albrecht I. von HabsburgNun ist der Oberaargau von Österreich und den verwandten Dynasten umschlossen. Sollen die Grünenberger nun an der bernfreundlichen Politik festhalten, einen eigenen Weg gehen oder die Fronten wechseln?

Doch da schreitet das Schicksal ein und schafft vollendete Tatsachen: 1308 wird König Albrecht von Habsburg bei Königsfelden ermordet (Bild2). Als Mitverschworene erweisen sich bald einmal Sprösslinge aus der Region – alles Nachbarn und Verwandte der Grünenberg. Eine Verschwörung, eine allgemeine Erhebung gegen Habsburg hätte nun wohl das Blatt gewendet, allein: nichts geschah, offensichtlich war auch nichts geplant.

Der neue König Heinrich VII. von Luxembourg versichert sich der Freundschaft Habsburgs, gewährt die verlangte Blutrache und verhängt die Reichsacht über die Mörder. Deren Güter verfallen an Habsburg, die Familien werden ausgerottet, viele Burgen gebrochen. Wider Erwarten verschont wird Adelheid von Brandis, Schwiegertochter von Markwart I. von Grünenberg. Den Preis, den die bedrängten Herren auf dem Melchnauer Schlossberg bezahlen müssen, wird bald offenbar: die Hinwendung zu Habsburg-Österreich.

1313 erscheinen die Vettern Johann I. und Ulrich III. von Grünenberg, demonstrativ als Vertreter der beiden Familienzweige, zum Empfang Leopolds von Habsburg in Zofingen. Weiter in Willisau, im August 1313, verpflichten die jungen Kyburger Hartmann und Eberhard, von Leopold verblendet, zehn Edle aus der Region für die nächsten zehn Jahre als Diener Habsburgs. Darunter sind fünf aus dem Hause Grünenberg.

Aus diesem zehnjährigen Dienst sollte eine immerwährende Verpflichtung werden, in welcher das Geschlecht der Grünenberg in Krieg und Frieden immer fest die Interessen Österreichs vertritt. 1315 leisten zwei Grünenberger erstmals Heerfolge für Habsburg: Es geht um die Königswahl zwischen Friedrich dem Schönen und Ludwig dem Bayern, die sich in Sachsenhausen am Main gegenüber stehen. Und auch einen ersten Blutzoll für Habsburg müssen die Grünenberger bezahlen: ebenfalls 1315 ziehen Ritter Rudolf I., genannt der Russe, und Ritter Ulrich III. unter Herzog Leopolds Führung gegen die geächteten Schwyzer – der Ausgang der Schlacht bei Morgarten ist bekannt und kostet Rudolf I. – neben so vielen anderen im glänzendsten Ritterheer dieser Zeit – das Leben.

Ulrich III., der wie Herzog Leopold das Massaker am Morgarten überlebt, wird 1321 Schultheiss von Burgdorf, was normalerweise nur Ministerialen der Kyburger werden. Wahrscheinlich erhält er das Amt aber auf Druck von Habsburg. Grünenberg ist von nun an auf Gedeih und Verderb mit dem Hause Habsburg verbunden.

Ein Zweig der Grünenberg unter Arnold I. lebt nun vor allem in Binzen. Arnold heiratet Adelheid Schaler aus einem der angesehensten Basler Geschlechter. Durch diese Heirat verlieren seine Kinder zwar den Freiherrenstand (sie folgende der «ärgeren Hand», wie es in der Zeit heisst), doch kommt Arnold I. so zu erheblichen Barmitteln – eine willkommene materielle Sicherheit in einer Zeit der aufkommenden Geldwirtschaft und des verarmenden Adels.

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Wie stehen unsere Adligen nun da, nach dieser schicksalsschweren Wende? Der Familienrat auf dem Melchnauer Schlossberg und in Binzen dürfte wohl zufrieden sein angesichts der geknüpften Beziehungen zum Königshof von Habsburg.




1 Website des Historischen Vereins des Kantons Bern: http://www.hvbe.ch/. Up

2 Österreichische Chronik der 95 Herrschaften. Burgerbibliothek Bern. Up